Die Gramann und Schwieger GbR wurde zum 01.01.2018 aufgelöst. Die beiden Gesellschafter Christoph Gramann und Olaf Schwieger sind weiterhin als freiberufliche Restauratoren tätig und in ihren neuen Firmierungen unter den angeführten Kontaktdaten für Sie erreichbar.
Spätmittelalterliche Wandmalereien an der Nord- und Südwand des Kirchenschiffes
Die bedeutenden spätmittelalterlichen Wandmalereien in der St.-Annen-Kirche in Berlin-Dahlem wurden nach ihrer Freilegung im späten 19. Jahrhundert bis in die 1970er Jahre mehrfach restauriert. Mit dem besonderen Augenmerk auf diese bislang unzureichend dokumentierte Restaurierungsgeschichte wurde eine umfangreiche restauratorische Untersuchung zur Beschreibung des Bestandes und Zustandes der Wandmalereien im Hinblick auf zukünftige Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt.
Die St. Annen-Kirche in Berlin-Dahlem wurde in mehreren Bauabschnitten errichtet (13.-17.Jahrhundert). Die Ausführung der Wandmalereien an der Nord-, Süd- und vermutlich auch Westwand des Kirchenschiffs erfolgte im späten 14. oder frühen 15. Jahrhundert in einer Kalk-Secco-Technik.
Die z. T. nur fragmentarisch erhalten Wandmalereien zeigen die folgenden ornamental gerahmten Bilddarstellungen: Heiligenfiguren, Marienkrönung und Anna Selbdritt an der Nordwand sowie Figuren in Gewändern (Kreuzigungsszene?), Christus am ölberg, Christus als Schmerzensmann und drei Figuren (König, Bischof, ?) an der Südwand.
Wohl zu Beginn des 16. Jahrhunderts erhielt das Kirchenschiff ein Kreuzrippengewölbe. Zur Aufnahme der Gewölbelast wurden Wandpfeiler vor die Wandflächen gestellt. Es ist anzunehmen, dass man im Zusammenhang mit diesen baulichen Veränderungen die Wandmalereien erstmalig übertünchen ließ.
Die im Jahr 1893 wiederentdeckten und verlustreich freigelegten Wandmalereien wurden in der Folgezeit mehrfach restauriert (1905, 1938-40, 1951, 1975).
Im Zusammenhang mit der Kirchenrenovierung in den Jahren 2004-05 erfolgten Untersuchungen zur Baugeschichte der Kirche sowie zum technologischen Aufbau, der Maltechnik und der Restaurierungsgeschichte der Wandmalereien.
Die Gramann und Schwieger GbR wurde beauftragt, in Ergänzung zu den bereits erfolgten Untersuchungen eine detaillierte Dokumentation des Bestandes und Zustandes der Wandmalereien zu erstellen. Hierzu wurden die Wandmalereien zunächst systematisch mit einer Großbildkamera fotografiert. Die digital bearbeiteten Bilder dienten anschließend auch als Grundlage für die Kartierung des Bestandes und der Schäden sowie für die Erstellung von Umrisszeichnungen zur Veranschaulichung der ursprünglichen Gliederung und Bildkomposition.
In die dokumentarische Arbeit flossen Erkenntnisse ein, die bei der Auswertung historischer Bildquellen sowie bei der genauen visuellen Untersuchung der Wandmalereien mit Tageslicht und UV-Licht gewonnen wurden.
Zu einem vermuteten Festigungsmittel-überzug wurde eine Bindemittelanalyse veranlasst.
Im Rahmen des Auftrages erfolgten auch eine behutsame Reinigung der Wandmalereioberfläche sowie die Durchführung von Notsicherungsmaßnahmen. Weiterhin wurden im Hinblick auf die Entwicklung eines Behandlungskonzeptes einige Testfelder zur Reinigung und Fehlstellenbehandlung erstellt.
Ev. Kirchengemeinde Berlin-Dahlem
Gramann und Schwieger GbR
Juni/Juli 2008
Die Darstellung von Christus am ölberg befindet sich an der Südwand des Kirchenschiffs. Die Verdunklung des Inkarnats ist auf eine Pigmentumwandlung zurückzuführen.
Mit Hilfe der UV-Untersuchung wurde die Erkennung von Bilddetails, Kittungen und Retuschen teilweise erheblich erleichtert.
Die Darstellung der Anna Selbdritt befindet sich an der Nordwand des Kirchenschiffs. Die fotografische Dokumentation der Malereien erfolgte mit einer Großbildkamera (Focus GmbH).
Auf Grundlage der Großbildaufnahmen wurde eine detaillierte Kartierung des Bestandes und der Schäden durchgeführt. Die Kartierung dient als Grundlage für die Beobachtung von Schadensvorgängen und für die Planung von Restaurierungsmaßnahmen.
Für die Anfertigung der detailgetreuen Umrisszeichnungen wurden ebenfalls die Großbildaufnahmen zu Grunde gelegt. Mit Hilfe der zeichnerischen Ergänzung der Bildrahmen (gepunktete Linie) gewinnt man eine gute Vorstellung von der ursprünglichen Komposition des Bildprogramms.
Bei dem sich schuppenförmig ablösenden, transparenten überzug handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Cellulose-Nitrat, das bei einer früheren Restaurierung als Festigungsmittel eingesetzt wurde (Rathgen-Forschungslabor).
Der Bildausschnitt stammt aus der Darstellung dreier nicht näher zu bezeichnender Heiligenfiguren an der Nordwand des Kirchenschiffs. Auch hier zeigt sich die Verdunklung des Inkarnats infolge einer Pigmentumwandlung.
Blick auf die Nordwand des Kirchenschiffs. Das Kreuzrippengewölbe wurde wohl zu Beginn des 16. Jahrhunderts eingezogen und überschneidet den im späten 19. Jahrhundert freigelegten Bildzyklus.